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24.11.2011

Erste Eindrücke vom Masterplan MG

Ich bin, das vorweg, kein großartiger Fan des Masterplanvorhabens. Vor allem deshalb nicht, weil die IHK da mitmischt (die IHKs, der mE größte Konstruktionsfehler der BRD...) und auch, weil es im Grunde eine Kernaufgabe kommunaler Politik (Stadtentwicklung) an Externe abgibt, womit die desaströse Privatisierung der Existenzsicherung einen weiteren Schritt voran kommt. Überrascht wurde ich dann gestern abend doch, wie wenig dieser Einfluss zu spüren war.

Nach komplett uninteressanten Redebeiträgen der Initiativenleiter kamen die Politiker zu Wort, wobei jeder 5 Minuten hatte.
Hans-Peter Schlegelmilch (CDU) glänzte mit fehlendem Verständnis des Konzeptes "5 Minuten" und kam auf die glorreiche Idee, nach 7 Minuten Text das Wort "Masterplan" zu Buchstabieren, also aus jedem Buchstaben ein eigenes Stichwort zu machen. Ein Stöhnen ging durch das Publikum. Dass das "M für Mut" dabei nur 75% der Größe der anderen Buchstaben hatte gereicht immerhin zur amüsanten Anekdote. Als alle sich nach 14 Minuten endlich erlöst fühlten machte er aus "MG" noch ein krampfhaftes "Mitmachen! Gemeinsam!", woraufhin eine einzige Person zur Irritation des restlichen Saales überaus lautstark zu klatschen begann.
Lothar Beine (SPD) brauchte genau die 5 Minuten. Unerklärlicherweise meinte Beine, die Masterplaninitiative sei eine Bürgerinitiative. Dieses mangelnde Verständnis, welche Rolle die Bürger in einer Bürgerinitiative spielen scheint mir symptomatisch.
Karl Sasserath (Grüne) nahm sich 7 Minuten, um eine mehrfach von Applaus unterbrochene Zukunftvision von einer blühenden bizentralen Stadt zu präsentieren. Etwas sehr utopisch, aber die Vision an sich war ansprechend und unterschied sich deutlich von den bis dahin gebotenen reinen Verfahrensbeiträgen. Ich häng den Text der Vision an diesen Beitrag an. In den hinteren Reihen amüsierte ich mich allerdings mit Bauderzenent a.D. Hormes über den Zeitplan, den der Beitrag implizierte (ca. 3-4 Jahre).
Anno Jansen-Winkeln (FDP) holte mit einer dreiminütigen Rede Sasseraths Überhang wieder rein. Allerdings sagte er im Grunde nur, dass die FDP keine Visionen für die Zukunft hat oder diese zumindest nicht verraten will.
Bernd Püllen (FWG) sagte für seine Fraktion das selbe, brauchte dafür aber 10 Minuten. Wobei eine dieser Minuten allein auf die Sprechpausen zurückzuführen sein dürfte.
Martin Selt (Linke) brachte als zweiter Redner eine Stoßrichtung ein und fasste diese unter dem Stichwort "Menchengladbach" zusammen. Was zwar nur dann funktioniert, wenn man "Menschen" so ausspricht wie Sasserath, aber nun gut. Ich bin jetzt jedenfalls sehr für die Neubenennung Kleine -Grüne-Männchen-Gladbach. Nur fasste er sich mit knappen 2 Minuten extrem kurz, womit es beim netten Wortspiel und dem Vollkontrast zur CDU blieb.

Daraufhin folgte dann die eigentliche Planvorstellung. Sir Nicholas Grimshaw präsentierte einige seiner bisherigen Projekte, die ich offengestanden alle wenig einladend fand. Aber Grimshaw ist ja glücklicherweise nicht als Architekt nach MG gekommen. Nachdem die Übersetzerin wegen allzu freier Übersetzung abgestellt wurde gab er mehr Sprechblasen über die Stadt ab, als meine Comicsammlung. Immerhin brachte er den Begriff "Stadt der zwei Herzen" ein und seine Mitarbeiterin namens Hu, aber leider ohne Doktorgrad trug die Feststellung vor, dass Gladbach zu viele breite Straßen hat, die Rad- und Fußgängerverkehr einschränken.
Nun wird das gerne mal festgestellt, mal mit mehr, mal mit weniger Überzeugung, aber der dortige Kontext lies zu meiner Freude deutliche Ablehnung dieser Situation erkennen. Man kann jetzt noch anmerken, dass etliche der Bilder von MG nicht aus MG stammten (das Stichwortbild zu ÖPNV etwa war eindeutig die Straßenbahn in der neusser Fußgängerzone und der Schlosspark Benrath ist auch etwas ausserhalb von MG), aber das zählt auch eher in die niedlichen Anekdoten.

Es folgte eine Diskussionsrunde, in der die anwesenden Bürger sich einbrngen durften. Dort meldeten sich etliche übliche Verdächtige, anmerkenswert fand ich hier die Idee, die Allee der Richard-Wagner-Straße bis vor den Berliner Platz weiterzuziehen. Dass der Masterplan explizit unter Auslassung der Aussenbezirke (einschließlich des JHQ) arbeitet fand ich dagegen weniger prickelnd, denn an diesen hängt in den nächsten 10 Jahren viel in der Stadtentwicklung.

Wir werden sehen, was hinten rauskommt. Demnächst geht ein Forum auf der Webseite der Initiative online und ich werde selbstverständlich dort vor Ort sein.

Der Eindruck der meisten Besucher war übrigens, soweit ich mit ihnen nach der Veranstaltung gesprochen habe, positiver. Vielleicht ist es einfach das Schicksal der Politiker, Dinge wie "Mönchengladbach muss attraktiver werden" praktisch täglich zu hören und dies dann irgendwann nur noch als Sprechblasen wahrzunehmen.

Visionsbild aus Karls Rede
[...] Wir treffen uns in dieser Runde in drei Jahren an einem Sonntagmorgen in der gerade eröffneten neu gebauten Stadtbibliothek. [Applaus] Ich komme -wie heute auch schon- mit dem Rad, aber dann komfortabel über ein durchgängiges bequemes Radwegenetz. Wenn es schlimm regnen sollte, nehme ich den leisen Elektrobus, der dann auch sonntags morgens regelmäßig fährt. [erneuter Applaus] Die neue Stadtbibliothek ist zum angesagten Treffpunkt der Bürgerschaft geworden, die Mitgliedszahlen und Besucher haben sich verdoppelt, und insbesondere auch am Wochenende gibt es reichlich kulturelles Programm. In Mönchengladbach lässt es ich auch in der Innenstadt zunehmend besser leben. Durch den Masterplan initiiert, ist es für Investoren attraktiv, wieder in den Innenstadtlagen neue Arbeitsplätze zu schaffen. Beispiel sind die dann gerade im Bau befindlichen innovative Bürogebäudekomplexe auf dem ehemaligen Zentralbadgelände und Haus Westland, wo jeweils mehr als 500 neue Arbeitsplätze geschaffen werden. Aller Orten entstehen schöne große und kleine Plätze, und auf dem zuerst fertig gestellten Rheydter Marktplatz hat sich unter der Kirschbaumallee der neue Studententreffpunkt etabliert. Denn Rheydt hat sich abseits der Hektik als Stadt der kurzen Wege nicht nur bei Senioren einen guten Ruf, sondern durch die neu entstandenen Studentenwohnheime ist hier buntes Leben. Die Gesamtstadt Mönchengladbach wird in ein paar Jahren nicht mehr nur auf Borussia reduziert wahrgenommen, sondern als lebenswerte Stadt am Niederrhein, die nicht nur den Strukturwandel endgültig überwunden hat, sondern fit ist ist für die Zukunft. Mit bürgerschaftlichen Engagements gibt es lebendige Innenstädte, ein lebendiges Kulturleben die ewigen Nörgler sind verstummt.

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